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Gedanken zu leichtgewichtigen und performanten Websites und dem 512kb Club

Das Internet wurde um das Jahr 1999 dank des eigentlich coolen Macromedia Flash PlugIns völlig überladen. Der Aufbau einer Webseite dauerte teilweise 30 Sekunden und länger. Der Mehrwert war dabei nach dem ersten Aha-Effekt sehr gering.

Content, Lesbarkeit und die Usability wurde zu Gunsten der (teilweise sehr guten) Effekte geopfert.

Auch wenn Macromedia Adobe Flash mittlerweile Geschichte ist, siehe Wikipedia Artikel, sind die Webseiten heute auch wieder größenteils völlig überladen mit JavaScript. Einiges davon ist sinnvoll, z.B. die Verkaufsabwicklung im Onlineshop, kaum eine Person würde heute mehr simple Bestellformular-Webshops wollen.

Vieles davon ist allerdings wenig sinnvoll und dient eher im Unterbau zur Darstellung spezieller Effekte, dem Einbinden von JavaScript Bibliotheken und haufenweise Tracking-Funktionalitäten, die nur in wenigen Fällen berechtigt sind.

Das war der Grund, vor einigen Jahren meine damals schickere Website gegen eine einfachere, textbasierte Version ohne JavaScript, Extra Fonts und zusätzlicher Bibliotheken zu ersetzen. Motiviert hat mich hierbei das Projekt 512kb Club, das für ein performantes und leichtgewichtiges Web wirbt (512kb oder 0,5MB entspricht dem RAM Speicher eines Amiga500, heutige Computer haben 8-32GB RAM).

Die aktuelle Seite wird auf Basis von orgmode und der Funktion org-publish (static site generator, auch SSG genannt) mit Hilfe eines minimalen, rein HTML + CSS basiertem Template erstellt und benötigt keine interaktiven Inhalte mehr. Falls du neugierig geworden bist, findest du hier eine beispielhafte Anleitung.

Als Ergebnis verbraucht die gesamte Website sowohl im Betrieb auf der Serverseite als auch bei den Besuchenden nur ein Bruchteil der Ressourcen „moderner“ Seiten und läuft auch auf den ältesten IT Geräten noch flüssig und schnell. Dabei passt sich das Layout dank CSS auch bei unterschiedlichen Bildschirmgrößen automatisch an („responsive“).

Auf der Server/Hosting Seite braucht es keine Datenbank, keine PHP usw. Damit bietet man deutlich weniger Angriffsfläche als die üblichen Content Management Systeme wie Wordpress und hat weniger in der Wartung zu tun.

Als Nachteil kann man sagen, dass der Einstieg in die SSG Welt deutlich komplizierter ist als ein fertig konfiguriertes Wordpress einzusetzen, zumindest dann, wenn man selbst kein IT Mensch ist.

Mein persönliches Fazit

  • Durch den Fokus auf den Textinhalt muss ich mir beim Schreiben mehr Mühe geben, da dem Text die gesamte Aufmerksamkeit zukommt und bewußt wenige Bilder eingesetzt werden
  • Durch den Einsatz von orgmode als Blogeditor fällt mir das Schreiben deutlich leichter und macht einfach mehr Spaß
  • Ich habe keinen Update und Anpassungsaufwand mehr (ok, minimal für den Webserver selbst braucht es weiterhin Updates)
  • Ich brauche Shell Access zum Webserver, um neue Inhalte einzustellen (geht im Notfall auch über ein Smartphone), Login über den Browser im CMS System gibt es mangels eines Backends nicht
  • Für interaktive Diskussionen verwende ich anstelle interaktiver Kommentarelemente das social web in Form des Fediverse
  • Meine (wenigen) Texte werden besser von Suchmaschinen gefunden als früher, der Traffic ist daher seit Umstellung gestiegen
  • Es macht Spaß, mit den neueren Funktionen innerhalb von CSS und HTML Elemente zu erstellen, die früher nur mit JavaScript möglich waren
  • Für private und kleine Instanzen ist es sinnvoll. Sobald mehrere Personen parallel am Inhalt arbeiten, ist ein CMS samt Redaktionsverwaltung das Mittel der Wahl
  • Da mittlerweile viel über barrierefrei („accessiblity“) gesprochen wird: Auch hier sind schlichte, textbasierte Seiten automatisch im Vorteil, besonders bei beeinträchtigtem Sehvermögen läßt sich so mit Screenreadern der gesamte Inhalt einer Seite zuverlässiger und vollständig erfassen